Gar unheimliche Kreaturen tummeln sich seit Jahrzehnten, wenn nicht Jahrhunderten in einem
Waldstück nicht weit der französischen Hauptstadt. Viele abenteuerlustige, neugierige, manchmal
schlicht unwissende haben sich auf den Weg gemacht, ihre Eigen- und Gewohnheiten zu erforschen.
Zum besseren Verständnis des später aufgeführten Erfahrungsberichts sei ein kurzer Überblick
gegeben. Die Aufzählung erfolgt in ebenjener Regellosigkeit, die auch das Erscheinen der
beschriebenen Geschöpfe treffend beschreibt.
Beginnen wir mit dem Fingerloch. Von seinem Auftreten her stark introvertiert, unscheinbar und
stets gut getarnt fristet es ein zehrendes Dasein, stets auf der lauernden Suche nach Beute. Im sonst
kargen Umfeld hat es die trügerische Illusion eines sicheren Platzes zum Verweilen perfektioniert.
Durch sein oft rutschiges Innere und seine beengenden Proportionen endet dieses Verweilen jedoch
meist schnell und die Beute stürzt in ihr Verderben. Bei der Auswahl seiner Jagdstätten ist es nicht
wählerisch, man findet es in zahlreichen Felsformationen, ob überhängend oder nicht spielt hier
keine Rolle. Lediglich glatte, steil aufrecht ragende Platten scheinen geeignet, eine sonst nicht
gekannte Scheu im Fingerloch hervorzurufen.
Gänzlich anders erscheint einem der viel häufiger anzutreffende und in seinem Bestand weit
verbreitete Sloper. Rundlich, raumgreifend und überaus extrovertiert thront er selbstbewusst auf
Felskanten oder faulenzt in Rissen, sich stets seiner Überlegenheit sicher. Geschützt durch einen sehr
flachen Panzer, der dieses Geschöpf übergangslos mit den umgebenden Felsmassen verschmelzen
lässt, hat der Sloper viele Angreifer kommen und die meisten davon wieder gehen sehen. Er nutzt
hierbei einen genialen Trick, indem er etwaige Kombattanten seinen Panzer mit jedem Vorstoß
weiter polieren lässt, bis er in Extremfällen spiegelnd glatt ist. Ist das Opfer schließlich völlig
erschöpft, macht sich der Sloper genüsslich über seine Mahlzeit her. In besagtem Gebiet darf sich der
Sloper zurecht als Platzhirsch und Spitze der Nahrungskette betrachten. Wie auch das Fingerloch regt
sich in ihm jedoch eine gewisse Abneigung gegen plattige Bereiche.
Dies ist wohl einer der entscheidenden Vorteile, welcher unserer nächsten Beobachtung ein
Überleben neben diesem dominanten Beutegreifer ermöglicht. Im Gegensatz zu Sloper und
Fingerloch hat die Leiste den Lebensraum Platte erfolgreich erobert. Als recht ausgeprägte
Einzelgängerin mit meist großem Revier bevölkert die Leiste weit verteilt und spärlich diese Gebiete.
Sie lebt oft zurückgezogen, weswegen von ihr meist nur die kantige Maulöffnung über dem Fels zu
erblicken ist, der Rest bleibt verborgen. Mit ihrem Maul ist sie in der Lage, selbst hartgesottenen
Flashfreunden – äh Fressfeinden - böse Biss- und Schnittverletzungen zuzufügen. Sie ist auch
durchaus in anderen Gebieten heimisch, wird hier aber wegen ihres deutlich geringeren Vermögens
zur Verteidigung im Vergleich zum Sloper jedoch oft arg strapaziert.
Nur selten ist ein Balz- und Fortpflanzungsritual zu beobachten, bei dem sich zwei Leisten Rücken an
Rücken positionieren und in einer grazilen Metamorphose zur sogenannten Zange verschmelzen.
Hiermit treten tiefgreifende Veränderungen ein, zum Beispiel verändern sich die
Ernährungsgewohnheiten drastisch, hin zu einer fast diätischen Ernährung durch Karpaltunnel.
Wie jedes Ökosystem benötigt auch dieses einen Motor, einen Katalysator, welcher mit stetiger
Erneuerung die Versorgung aller höheren Lebensformen erst sicherstellt. Im Ökosystem Boulderfels
fällt dem Henkel diese Rolle zu. Wohlgeformt bietet er Beute stets einen sicheren Rückzugsort.
Vergessen wird hierbei oft seine wichtigste Funktion: die Regeneration und das Wiegen in Sicherheit,
wodurch er eine gezielte Weiterleitung der Biomasse zu oben beschriebenen Raptoren sicherstellt.
Beute wie Erbeutender sind von seiner transferierenden Eigenschaft meist in gleichem Maße
abhängig.
Diesen, aus wissenschaftlicher Sicht heraus noch nicht hinlänglich präzisen, Beschreibungen einige
persönliche Noten hinzuzufügen, hat sich der MAC auch dieses Jahr mit seinem CCC in Fontainebleau
wieder zur Aufgabe gemacht. Expeditionsziele waren dieses Mal neben Bas Cuvier und dem
L’Éléphant unter anderem auch Trois Pignon. Fünf Tage Untersuchung waren veranschlagt, jedoch
machte schlechtes Wetter einige ambitionierte Experimente zunichte. Wichtig: Kein einziger
Wissenschaftler ließ sich durch die schlechten Bedingungen von der Arbeit im Feld gänzlich abhalten.
Wegen zahlreicher positiver Resonanzen in der Fachpresse war das Interesse an der Forschergruppe
dieses Jahr besonders hoch, ganze 14 Teilnehmer waren zu verzeichnen. Bis auf kleine
Unstimmigkeiten in Bezug auf die Durchführung wurde eine sehr fruchtbare Zusammenarbeit
erreicht. Vor allem die Laborküche wusste mit eingeschränkten Ressourcen hervorragende Präparate
zu erzeugen, hierfür ein sehr großes Lob.
Was war das Ergebnis der Studie? Alle gesuchten Kreaturen konnten auch aufgespürt und eingehend
untersucht werden, wenn auch unter erschwerten Bedingungen. Nach wie vor ist die Vielseitigkeit,
Schroffheit und Eleganz, ja Einzigartigkeit von Fontainebleau überwältigend. Jeder Teilnehmer
konnte sich auf seinem Feld weiterentwickeln und vom (vereinzelt) konstruktiven Input der anderen
(vereinzelt) profitieren. Jeder ging mit der einen oder anderen positiven Überraschung mit Hinblick
auf sein Können nach Hause. Schön zu beobachten, wie sich innerhalb einer solchen Unternehmung
ein Team aus Individuen bildet. Jedes Mal aufs Neue. Wie jedes Mal einzelne Gruppen losziehen, nur
damit auf magische Weise alle irgendwann doch zusammenstehen und den Kollegen den Fels
hinaufbrüllen. Solche Unternehmungen bleiben nie ohne Enttäuschung, Frust, Rückschläge. Deren
Überwindung ist mit einem solchen Expertengremium leichter denn je. Ob bei Regen oder Wind, Tag
oder Nacht,25 oder 15 Grad, es wird geforscht, mit Begeisterung.
In diesem Sinne, Danke an
Prof. Dr. Dr. Dr. Dr. Dr. med Stephan, Facharzt für leicht erkennbare Sportkrankheiten für seine
medizinische und sportliche Beratung
Lazarettschwester Pino und der Cafe Kraft Stiftung zur Eindämmung von Hautverlusten für die
Bereitstellung von Verbandsmaterial in Hülle und Fülle
Diplom-Einbalsamiererin und Expertin in westlichem Wirbelwatschen Nadine für rettende Massagen
Pastor Thomas (Kloster zum Heiligen Vater) für seine ausgleichende und beruhigende Einwirkung auf
die Gruppe
Fremdsprachenkorrespondent Waleed für die Betreuung des Pastors und vorzügliche
Frühstücksideen
Schwarzgurtpädagogin und ausgebildete Jugenddompteurin Lena für die Bewahrung der
Organisation und der Lebensmittelvorräte
Koffein-Kommandant Nico für die Aufrechterhaltung und Stabilisierung elementarster
Vitalfunktionen
Lichtspielkünstler Johannes für die Vorführung unsterblicher Kletterklassiker an der Hauswand
Sternekoch Milan für sein konstant herrliches Dal Bhat und dem Verzicht auf weitere Verletzungen
am Haxenhexler.
Modelphotograph „Nuancennorbert“ für seine atemberaubenden Aufnahmen
Analyst Kai für seine treffenden Einschätzungen mit Hinblick auf unseren Verein
Don David für seine stoische Art, sich nicht provozieren zu lassen sowie für Slackline, Keulen und
Jonglierbälle
Backup Becci, auf die sich jeder verlassen kann wenn es mal ernst wird
Den Kerl, der das hier alles schreibt…
Schließlich danke an die Mudra, ohne deren Bus das alles gar nicht hätte stattfinden können. Ich
freue mich auf eine hoffentlich lange weitere Zusammenarbeit mit euch.
Unser Verein atmet und lebt, allein dies ist ein riesiger Erflog der durch Bleau sichtbar wird. Gradnios,
wie ihr alle, großen und kleinen Helfer, Unterstützer, Organisatoren, Gruppenmenschen, Fahrer,
Materialgurus, Navigatoren und Köche zusammen ein großes Ganzes formt, das funktioniert. Nicht
immer perfekt, manchmal nicht mal gut. Aber immer mit Herz. In Zeiten sinkenden gemeinnützigen
Engagements setzt ihr ein wunderbares Zeichen.